Wer hat Angst vor der Symbolbildfalle?

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Hier muss ein Polizeiauto aus dem Keystone-Archiv für diverse Artikel herhalten. Dieses Sujet gibt es in allen Variationen und ist immer blau und nichtssagend.


«Es gibt keinen Beitrag ohne Bild». Seit jeder Artikel einzeln im Netz angeklickt oder geteilt werden soll, wird diese Vorgabe wie ein Mantra an Redaktionssitzungen wiederholt. So wird jede belanglose Unfallmeldung mit einem unscharfen vorbeifahrenden Polizeiauto illustriert, Gewaltverbrechen mit einem Messer und manchmal auch mit einem Revolver. Und das führt zu einer visuellen Umweltverschmutzung, stumpft den Leser ab und wirkt auch vielmals im Dienste eines unbewussten Framings. So wird ein grausamer Mord auf eine blau leuchtende Lampe reduziert. Informationswert: gleich null. Und die Klickrate ist nur vom Titel abhängig.

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Bei Verbrechern und Redakteuren beliebt: Das Messer. Auch dieses Bild gibt es in unzähligen Versionen.


Seit einiger Zeit ist diese Symbolbildsitte auch im kommerziellen Umfeld zu beobachten. Getrieben vom Bilderzwang tappen Unternehmen regelmässig in die Symbolbildfalle. Das passiert immer dann, wenn die Sachverhalte unabbildbar oder schwer illustrierbar sind. So wird auf belangloses Material zurückgegriffen welches nichts aussagt, aber als thematischer Doppelpunkt herhalten soll. Und gerade die digitalen Themen führen dazu, dass die inhaltlich und ästhetisch übelsten Kreationen aus den Stockbildagenturen verwendet werden. So wird der Auftritt des Unternehmens oft mit den gleichen oder ähnlichen Bildern der Konkurenz verwässert. Da nützt einem das ausführliche CI-Manual leider wenig.

financialsevices
Eine belanglose Situation in einem Büro. Wer solche Bilder verwendet, verliert Aufmerksamkeit. Und Kunden.


Die problematischste Anwendung von Symbolbildern ist die, wenn eine Bildwelt, ein Moodbook oder die Key Visuals selbst aus solchen bestehen. Das sieht man vielmals in den uniformen Bildsprachen von Unternehmen der Finanz- und Versicherungsbranche. Helle, lichtdurchflutete Locations, glückliche, gut angezogene Menschen mit Tablets in der Hand, füllen Bildraum und lösen beim Betrachter gar nichts aus. Ausser Gleichgültigkeit und den befürchteten Weiterscrolldrang.

Doch meistens gäbe es Auswege aus dieser misslichen Situation, wobei Erkenntnis eine Grundvoraussetzung wäre. Leider übersehen viele Firmen die visuelle Armut ihrer Kommunikation. Und das ist vielmals die Ursache dieses Übels: Bildkompetenz ist zwar in aller Munde, wird aber in den meisten Workflows nicht eingefordert. Auch fehlt vielmals eine Gesprächskultur in der über Bilder ernsthaft verhandelt wird. Auch in der Ausbildung kommt das Thema oft zu kurz; Photoshop zu bedienen und mit dem Smartphone ein Bild zu schiessen reicht eben nicht aus, um schwierige visuelle Aufgaben zu meistern. Und leider sind viele externe Dienstleister bei diesem Thema nicht ganz auf der Höhe. Gerade Agenturen helfen im Alltag nicht weiter, da sie keine Bildredakteure beschäftigen, sondern meistens Grafiker, deren Kernaufgaben anders gelagert sind.


Wie kommt man aus dieser Falle?


Der Bilderdruck und fehlende Alternativen machen es einem nicht leicht. Doch wie in allen anderen Bereichen der Kommunikation sind radikale Ideen die Vielversprechendsten:

Lieber kein Bild als ein langweiliges, schlechtes, belangloses Symbolbild.

Das ist leider meistens nicht möglich oder führt zu Diskussionen mit den Vorgesetzten, die fast immer die Problematik erkennen, aber sich sicherheitshalber lieber in die Falle setzen. Doch steter Tropfen höhlt den Stein! Weise sie bei jeder Blattkritik darauf hin.

Mit einer Illustration kann man vielmals das Problem umgehen.

Aber auch die kann platt wirken und ist im schlechten Falle einfach eine Symbolillu.

Einen guten Bildredaktor darauf ansetzen.

Oder zuerst mal einen anstellen.

Das Personal in der Problematik schulen lassen. (zB. von uns)
Eine externe Bildberatung einholen. (zB. von uns)